Fotograf
Staubig war es und voller Gerümpel, so dass der Raum seinen Zweck dem Besucher verbarg. Zwischen Papierstapeln und Bindfäden versuchten noch die Schatten mir einen Streich zu spielen. Doch schien es, als läge gerade in diesen schattigen Falten sein größtes Geheimnis verborgen.
Zwischen den Stühlen aus splintigem Holz streifte eine schwarze Katze umher, die mich direkt ansah, aber keinen Laut ausstieß. Gerade so, als wollte sie mich mit ihrem Blick verfluchen. Mit der Selbstsicherheit eines Geschöpfs, welches seine Plätze kennt, rollte sie sich auf einer alten Segeltuchplane ein, den Kopf auf ihren borstigen Schwanz gestützt. Doch schlief sie nicht. Ihr unergründlicher Blick ruhte auf mir.
Er hatte darauf bestanden, dass ich alleine komme. Wie bei einer Lösegeldübergabe, hatte er geknurrt. Doch in Wahrheit ging es ihm um meine Seele, die er in seinen Korb zu bekommen versuchte. Die Tür seines Ateliers lehnte in ihrem rostigen Rahmen, und das Licht brach sich in den Spinnennetzen, die in ihren Ecken wuchsen. Eine genaue Uhrzeit hatte er mir nicht genannt, so war ich auf Gedeih und Verderb seinem Wohlwollen ausgeliefert. Darauf zu harren, dass er auftauchte. Denn sein Haus zu betreten, hatte er mir verboten. Auch wenn die Verbindungstür zum Hauptgebäude nicht verriegelt war, so hatte er mir doch strikt untersagt, ihn im Privaten aufzusuchen. Er genoss es sichtlich, auf der richtigen Seite der Linse zu stehen. Fast so, als hätte er eine politische Entscheidung getroffen.
"Schön, dass du gekommen bist. Wir müssen weiter."
Ohne eine Antwort abzuwarten, oder mir eine Möglichkeit zu geben, seine Hand zu schütteln, ging er an mir vorbei. Mein Gruß verharrte stumm in der Luft, unerwidert. Wenn ich auf Herzlichkeit gehofft hatte, so wurde ich enttäuscht. Er nahm seinen Hut vom Nagel, den er achtlos in einen Balken geschlagen hatte; gab mir einen strengen Klaps in den Rücken, der mich taumeln ließ.
"Keine Zeit zu verlieren, das Licht flieht dem Nichtsnutz davon. Wir aber eilen ihm entgegen!"
Aus dem Revers seiner gestreiften Weste zog er eine altmodische Taschenuhr, die er stirnrunzelnd studierte, bevor er in den gleißenden Tag hinaustrat. Mühsam hielt ich mit ihm Schritt, versuchte mich seiner Hast anzupassen. Dabei stolperte ich über allerlei Gartengeräte, die rostig und vermodert herumlagen, als hätte der Winter sie gründlich durchgekaut, bevor er sie hier ausspuckte. Und der Fotograf brüllte:
"Spür den Vibe, du gottverdammte Fotze!"
Und ich kauerte darnieder und liess die Landschaft auf mich einwirken. Wie ein Schüler, der eine Strafarbeit an die Tafel schreibt. Und nicht aufhören darf, bis der letzte Brocken Kreide aus seinen tauben Fingern bröckelt.
"Halt dein verschissenes Maul, und die Dinge werden zu dir sprechen."
Recht hat er, der Irrkopf. Ich muss die Seele der Dinge suchen gehen. Und sie durch mein Objektiv destillieren, bis ich berauscht bin an ihnen. Wenn ich mit der Welt verschmelze, wird ihr Orgasmus mir gehören. Ich stehle den Dingen die Seele. Dies ist meine Nahrung, blutig & dampfend.
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