Autor Thomas Reich: „Ich will verstören und anecken”
Thomas  Reich lebt in zwei Welten. Ein bürgerliches Rädchen im Getriebe der  Gesellschaft und gleichzeitig der Dorn in ihrem Fleisch. Angefangen hat  er als Schriftsteller, wobei die Nachtstunden ihm die Sätze seiner  Schreibmaschine lieferten. Unglaubliche 19 Bücher haben sich bislang auf  seiner Homepage angesammelt. Die meisten kennen ihn eher als den  Dichter mit der frechen Schnauze, seit er sich dem Bloggen verschrieben  hat.
Heute  ist er ein Kunstwerk mit vielen Facetten:  Als umstrittener Literat,  Dirty Young Man der Dichtung, und mit einer Kamera bewaffnetes Enfant  terrible der Innenstädte.
In "Babylons letzter Wächter"  beschäftigst du dich mit dem Glauben und der Verderbtheit der Menschen.  Der Gutmensch muss trotz seines heftigen Widerstandes am Ende  resignieren. Eine sehr dunkle Zukunftsvision. Wird das Böse am Ende  immer gewinnen?
Der  Wächter traf am Ende eine Entscheidung, die ihm seine Freiheit  wiedergab. Für mich ist das keine Resignation. Er hatte Ideale, für die  er kämpfte. Und kommt es nicht gerade darauf an? Das macht ihn für mich  zu keinem Gutmenschen. Denn die nehmen alles geduldig wie die Ochsen  hin, anstatt selbst zu denken. Common Sense, ad Absurdum geführt.
In Babylon errichten nicht  fundamentalistische Religiöse einen totalitären Gottesstaat, sondern  profitgierige Konzerne, die stilecht im höchsten Turm von Babylon  residieren. Wie bist du auf dieses Thema gekommen?
Ich  hatte das Bild von einem Mann im Kopf, der in einer sterilen, weißen  Zelle erwacht.  Wie war er da hineingekommen?  Wer war er? Weder ich  noch er wussten es.  Ich versenkte mich in seine Augen, versuchte mehr  über diese unwirtliche Umgebung  herauszufinden. Als mir klar wurde, wer  er ist, lief es mir kalt den Rücken hinunter. Er hatte eine schwere  Aufgabe vor sich, und ich wollte ihm wenigstens seine Würde lassen. Ich  hoffe, das ist mir gelungen.
Aber  mal ehrlich: Wie würde man heutzutage eine Religion aus dem Boden  stampfen? Die Kirche hatte es über Jahrtausende verstanden, Glauben als  Machtinstrument auszunutzen. Das alles mit dem Bild eines  Zimmermannssohnes, der lange tot ist. Es wurden Kreuzzüge unter dem  Vorwand des Glaubens betrieben, um fremde Territorien zu  kolonialisieren.
Heute  gehört die Macht den Großkonzernen. Und würden sie einen religiösen  Kult ausnutzen, um die Menschen zu knechten? Ich denke, darauf gibt mein  Buch Antwort.
Dein Blog „Dirty Dichter" steht unter dem  Motto „Rockstars verwüsten Hotelzimmer. Dichter das Ansehen der  Gesellschaft". Was bedeutet dieser Satz für dein Schaffen?
Die  Gesellschaft ist eine Maske der Anständigkeit, wie sie Schweinepriester  tragen. Eine Oberflächlichkeit, die gleichförmig verläuft. Ich will  verstören und anecken. Einen gesamtheitlichen Lebensansatz vermitteln.  Zum Nachdenken anregen. Stütze sein in Zeiten seelischer Not. Vertraute  Pfade verlassen, auf zu neuen Blickwinkeln. Die Menschen zu verändern  fängt in den Köpfen an.
Wie bist du dazu gekommen, deine Texte als E-Book bzw. in einem Blog zu veröffentlichen?
Mit  einem Blog erreiche ich mehr Menschen als wenn ich meine Skripte an die  Verlage schicke. Ich hatte letztes Jahr einen toten Punkt erreicht,  zwei bis drei Bücher pro Jahr brachten mich an den Rand eines Burnouts.  Der Blog gibt mir lange vermisste Freiheiten zurück. Als Dichter habe  ich angefangen, nun kehre ich zu meinen Wurzeln zurück. Ich merke, dass  mir die tägliche Schreibübung guttut. Wenn die Zeit reif ist, werde ich  auch wieder einen Roman wagen. Momentan bin ich glücklich, so wie es  ist.
Vor kurzem ist dein erstes Blogbuch „Dirty Dichter. Die Blognachlese. Teil 1" erschienen. Was erwartet den Leser?
Ein  Best-Of der Gedichte aus meinem Blog. Für all die Freunde herkömmlicher  Bücher und moderner E-Book-Reader. Weil es etwas anderes ist, sich  online durchzuklicken als entschleunigt von unserer modernen  Gesellschaft ein Buch zu lesen.
Wie  der Vermerk „Band 1“ explizit vermuten lässt, dürfte das langfristig  der Start einer Reihe werden. Solange ich mein Herz und meine Seele dem  Bloggen verschrieben habe.
Zum Schluss: Wo findet man dich im Internet?
Die  Büchse der Pandora wurde geöffnet, oder nicht? Ich bin überall und  nirgends in der Welt zuhause. Ihr findet mich auf meinen Hauptseiten www.der-reich.de und www.dirtydichter.blogspot.com.   Und in vielen Bereichen des Social Web. Ich strecke meine Fühler in  alle Richtungen aus. Querverweise zum Social Web gibt es  selbstverständlich auf meinen Hauptseiten.
DANKE AN JESSICA DAHLKE FÜR IHR INTERVIEW AUF DEN KULTLITERATEN. 




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