Blattgesicht


Ich bin kein unbeschriebenes Blatt. Wenn ich durch die Gassen meiner Heimatstadt flaniere, erkennen mich mehr Menschen als ich Menschen kenne. Hoffentlich war ich anständig. Warum sonst sollten mich ihre Blicke verfolgen?

In meinen Adern fließt Tinte. Mein Herz schlägt im Rhythmus der Schreibmaschine. Ihr Anschlag ist Vorgabe und Knebel zugleich. Ich mache Pause von der Schriftstellerei, bis ich einen klaren Kopf habe. Aber bloggen geht immer. Stillehalten ist nicht mein Ding.

Wenn die Tage düster werden und der Nebel schwer auf der Seele lastet, trinkt eine Tasse Tee und lest ein gutes Gedicht. Das hat noch jeden Rübengeist vertrieben. Schamlos werd ich meine Blätter verlieren, bis ich nackt dastehe. Der Kaiser hat keine Kleider mehr.

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